Zu Besuch bei Frédéric Zosso
«Konsequent klimaschonend sein ist schlicht unmöglich»
Er produziert Ökostrom und nutzt dafür vor allem die Gülle und den Mist der eigenen Tiere. Um nicht auf Rohstoffe von weit her angewiesen zu sein, hat er «nur» eine kleine Biogasanlage gebaut. Ein Gespräch mit Landwirt Frédéric Zosso über den Klimawandel, seinen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen und über Zielkonflikte.
- 90 ha landwirtschaftliche Nutzfläche
- 45 ha Ackerkulturen (18 ha Brotweizen, 4 ha Raps, 1 ha Dinkel, 1 ha Emmer, 1 ha Roggen, 2 ha Linsen, 5 ha Körnermais, 3 ha Futtergetreide, 5 ha Zuckerrüben und 5 ha Soja)
- 70 Milchkühe und 60 Stück Jungvieh (nach einem Brand im Jahr 2023 in einem neuen Stall vorgesehen)
- 1 grosser Gemüsegarten
- 4000 Legehennen
- Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Vater, Angestellter, zwei Lernende
Frédéric Zosso aus Cournillens im Kanton Freiburg ist ein umtriebiger Landwirt: offen für Neues und stets auf der Suche nach Verbesserungen. Das unbefriedigende Marktumfeld und die Lust, sich einer neuen Herausforderung zu stellen, bewogen ihn 2015, auf biologische Produktion umzustellen. Mit einem 90 Hektaren grossen Betrieb mit 45 Hektaren Ackerkulturen ein einschneidender Schritt. Der dynamische Landwirt schöpft seine Energie aus seinen tiefen Überzeugungen, die ihn immer wieder dazu bringen, sich selbst infrage zu stellen und sich neu zu erfinden. Was ihn vor allem antreibt, ist das Konzept der Nachhaltigkeit mit seinen drei Säulen: ökologisch, wirtschaftlich, aber auch sozial.
Bereits 2013 hat er auf seinem Hof eine kleine Biogasanlage in Betrieb genommen und den nach Süden ausgerichteten Teil des Stalldachs mit 2000 m2 Solarpanels ausgerüstet: Die Abwärme der Biogasanlage nutzt er, um Heu, andere Futterkulturen, Körnermais, Getreide, Linsen, Raps oder Holz zu trocknen.
Erst 2023 legte ein verheerendes Feuer seinen Stall, der Platz für etwa 130 Rinder (Milchkühe und Jungrinder) bot, in Schutt und Asche. Trotz dieses schweren Schicksalsschlags lässt sich der Landwirt nicht unterkriegen und er plant derzeit einen neuen Stall mit einer ähnlichen Kapazität, der komplett mit Solarmodulen eingedeckt sein soll. Dank der Produktion von Ökostrom kann er ein neues, weitgehend robotergesteuertes Gebäude (Melken und Ausmisten) in Betracht ziehen. Doch statt sich auf die Technologie zu verlassen, um die Temperatur in seinem geplanten Stall zu regulieren, setzt er auf eine natürliche Belüftung. Dazu soll ein optimal ausgerichtetes, sehr offenes Gebäude auf seinem Hügel errichtet werden, um die Luftströme zu maximieren. Er hofft, seinen Tieren so ein angenehmes Klima bieten zu können, und ist von der Bedeutung der Kühe für das Gleichgewicht seines Betriebs überzeugt.
«Substrat von weit her zu holen, ist ökologisch unsinnig»
Als Material für die Biogasanlage dienen ihm Gülle und Mist der eigenen Tiere sowie etwas Geflügel- und Pferdemist von zwei Nachbarn. Weil er das Substrat für die Biogasanlage nicht von weit her zuführen und so die Umwelt belasten wollte, entschied er sich für die relativ kleine Anlage, die er heute betreibt. Solche Menschen gibt es in der Schweiz nicht allzu viele. «Die Anlage läuft Tag und Nacht. Entsprechend gross ist der Verschleiss und es gibt relativ oft kleinere und grössere Störungen. Manchmal möchte ich sie einfach in einem grossen Loch versenken und nicht mehr daran denken», seufzt er theatralisch, aber mit einem Augenzwinkern. Die nach der Vergärung anfallende Gärgülle wird in einen Separator geführt. So entstehen eine nährstoffreiche wässrige Lösung sowie eine Art Kompost. Beides seien sehr wertvolle und geruchsneutrale Naturdünger für seine Kulturen.
Abhängig vom Wetter, betroffen vom Klimawandel
Auch über den Klimawandel macht sich Frédéric Gedanken. Er findet, dass das Wetter in der Schweiz extremer wird. Es gebe heute deutlich häufiger sehr lange Phasen der extremen Trockenheit oder Nässe. 2018, 2020 und 2022 litt auch er unter dem ausbleibenden Regen. Vor allem seine Futterernte war betroffen. Da er sich nicht für den Verkauf seiner Tiere entscheiden konnte, kaufte er Futter zu. «Ich war erstaunt, dass die Ackerkulturen die Trockenheit sonst relativ gut überstanden.» Er führt das auf seinen tiefgründigen humusreichen Boden zurück, zu dem er Sorge trägt. Unter anderem mit Gründüngung im Winter oder mit schonender Bodenbearbeitung (z.B. Direktsaat) sowie über die Fruchtfolge. Die beiden letzteren Methoden entziehen der Atmosphäre über den Humusaufbau CO2.
Frédéric Zosso ist sich der Herausforderung bewusst, qualitativ hochwertiges Futter in ausreichender Menge zu produzieren. Er hat die Fütterung seiner Rinder überdacht und plant eine Verdoppelung der Lagerkapazität in seinem neuen Gebäude. Seinen Berechnungen zufolge würde eine Fütterung mit Heu und Trockenfutter zusätzlich zur Weidehaltung seine CO2-Bilanz verringern oder zumindest nicht verschlechtern. So will er das Mähstadium optimieren, um eine gute Qualität des Futters sowie ein ideales Nachwachsen des Grases zu gewährleisten und gleichzeitig das tägliche Hin- und Herfahren mit Traktor, Mähgerät und Selbstlader für die Fütterung mit frischem Gras zu vermeiden.
Hoffnung auf neue Technologien
Und wo sieht er Möglichkeiten, seine Emissionen zu reduzieren? «Es gibt viele kleine Schritte. Aber ich verspreche mir vor allem von neuen Technologien einiges, z. B. wenn kleine selbstfahrende Roboter in der Lage sein werden, die Felder von Unkraut zu befreien.» Denn mit dem Umstieg auf die biologische Produktion sei sein Treibstoffverbrauch und damit der CO2-Ausstoss durch die nötige regelmässige mechanische Unkrautbekämpfung gestiegen. Solche «Widersprüche» auf praktischer Ebene gebe es gerade in der Landwirtschaft häufig, wenn man Ziele in Bezug auf die allgemeine Ausrichtung verfolge. Es ist wirklich ein Ding der Unmöglichkeit, absolut perfekt sein zu wollen.
Die nähere Umgebung versorgen
2023 hat er genug von den Abnahmebedingungen der Genossenschaft, die er mit Kartoffeln und Karotten beliefert (Qualitätsanforderungen und von Jahr zu Jahr schwankende Preise bedingt durch Angebot und Nachfrage), und beschliesst, diese Kulturen, die wenig Ertrag bringen, aufzugeben und stattdessen z. B. alte Getreidesorten, Raps und Linsen anzubauen sowie eine kleine Gemüseproduktion aufzugleisen, um das Angebot seines Hofladens und die Direktvermarktung auszubauen.
Er stellt fest, dass seine rund 70 Kundinnen und Kunden pro Woche toleranter sind und nicht nur punkto Ästhetik und Grösse mehr Verständnis haben, sondern auch bei kleinen Unvollkommenheiten, z. B. bei kleinen Löchern von Schädlingen. Die äusserst positiven Rückmeldungen seiner Kundinnen und Kunden ermutigen ihn, den eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen, der ihm trotz der höheren Arbeitsbelastung mehr Zufriedenheit bringt. Seine Vision bleibt, die Menschen in seiner Umgebung mit nachhaltig produzierten, gesunden Biolebensmitteln zu versorgen.