Sich anpassen - was heisst das konkret?
Gesamtbetrieblich
Einführung
In vielerlei Hinsicht lassen sich Aspekte des Klimawandels nicht eindeutig dem einen oder anderen Betriebszweig zuordnen. Ein wesentlicher Teil davon ist das Thema Wasser: Es ist relevant für die Pflanzen im Ackerbau und Futterbau, für die Tiere, aber auch für die Menschen im Haushalt. Deshalb ist es wichtig, einen Überblick über den Bedarf und den Verbrauch des eigenen Betriebs zu bekommen. Man kann Wasser mit Geld vergleichen: Wenn man nicht darauf aufpasst, fliesst es einfach weg.
Zwei weitere gesamtbetriebliche Aspekte:
- Diversifikation bedeutet, dass man das Risiko verteilt. Gesamtbetrieblich sind das verschiedene Betriebszweige oder Einkommensquellen, innerhalb der Betriebszweige können das mehr verschiedene Pflanzen- oder Tierarten sein. Diversifizierte Systeme sind resilienter, können also mit holperigen Zeiten besser umgehen.
- Weiter können die Auswirkungen des Klimawandels regional sehr unterschiedlich sein, insbesondere in einem so kleinstrukturierten Land wie der Schweiz. Deshalb ist es sehr wichtig, den Einfluss des Klimawandels auf den eigenen Betrieb zu analysieren.
Diversifizieren
Diversifizierung stärkt die Stabilität von Systemen. Läuft ein Betriebszweig weniger gut, z. B. aufgrund der Trockenheit und Hitze (z. B. der Ackerbau), kann man mit anderen Betriebszweigen kompensieren. Traditionelle Schweizer Betriebe betreiben bereits Ackerbau und Viehhaltung. Diese sind jedoch beide stark vom Klimawandel betroffen. Deshalb gilt es, sich Gedanken zu möglichen Erweiterungen zu machen, die weniger umweltabhängig sind. Beispiele sind: Agrotourismus, Betreuung von Menschen (mit Behinderung, als Auszeit) auf dem Betrieb, Schule auf dem Bauernhof, Hofverarbeitung und Direktvermarktung, Ferien-Angebote (Schlafen im Stroh, Lama-Trekking), Selbstpflückanlagen, Gastronomie, Kommunalarbeiten, Energieproduktion (Photovoltaik, Holz, Biogas) usw. Das bedingt in manchen Situationen ein Umdenken: Aber Landwirtschaft betreiben hat schon immer bedeutet, sich den Bedingungen anzupassen.
Da nicht alle Kulturen und Sorten/Tierarten und -rassen gleich auf sich verändernde Bedingungen reagieren, lohnt sich auch hier eine Diversifizierung. Da dies auch Absatzkanäle bedingt, lohnt es sich, langfristig über solche Änderungen nachzudenken.
Einflüsse der Klimaerwärmung auf den Betrieb analysieren
Die verschiedenen Regionen der Schweiz sind unterschiedlich vom Klimawandel betroffen. Mit Klimaprognosen kann man die Risiken für eine Region beurteilen. Da jede Produktionsrichtung andere Risiken aufweist, müssen die Probleme oder potenziellen Chancen identifiziert werden, um ausreichend früh eine Anpassungsstrategie für den Betrieb auszuarbeiten. Dabei können die Fachberater:innen der Produktionszweige eine grosse Hilfe sein.
Grundlagen zu Wasserverfügbarkeit und -verbrauch erarbeiten
Beim Wasserverbrauch in der Landwirtschaft sind die heutigen Daten lückenhaft. Diese Daten wären zur Früherkennung und Vermeidung von Wassernutzungskonflikten bedeutend. Das Projekt «SwissIrrigationInfo» befasst sich u. a. mit dieser Datenerfassung. Es werden satelliten- und modellgestützte Abschätzungsmethoden für ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement entwickelt.
Die Erarbeitung von Grundlagen zur Wasserverfügbarkeit und -verbrauch ist zentral. Es ist davon auszugehen, dass der Wasserverbrauch der Landwirtschaft zunehmen wird. Gleichzeitig kommt es bereits heute immer häufiger zu lokaler und zeitlich begrenzter Wasserknappheit. In der Zukunft wird die Wasserknappheit, insbesondere in den Sommermonaten, noch zunehmen (Hydro-CH2018).
Das Bundesamt für Umwelt hat durch das Projekt «Wasserversorgung 2025» gezeigt, dass dank rechtzeitiger und umsichtiger Planung und Nutzung auch zukünftig ausreichend Wasser zur Verfügung stehen wird. Zentral ist, das vorhandene Wasser intelligent zu verteilen.
Bewusster Umgang mit Wasser
Neben der Bewässerung ist die sparsame Verwendung von Wasser auch im Betrieb und im Haushalt wichtig. Hochdruckdüsen beispielsweise ermöglichen eine effiziente Reinigung mit weniger Wasser. Die Säuberung der Melkanlage erfordert eine nicht vernachlässigbare Wassermenge, das gesammelt und aufbereitet werden kann. Abwasser kann indessen ohne Aufbereitung nicht wiederverwendet werden (zum Beispiel für die Bewässerung), da strenge Normen für die Qualität gelten.
Klimaprognose nach Kanton
Da die Schweiz über sehr unterschiedliche Topografien verfügt, können sich diese Veränderungen je nach Region anders auswirken. Für detailliertere Informationen zur aktuellen Lage und zu den Prognosen bietet der Bund einen Überblick nach klimatischen Grossregionen und nach Kantonen:
Zusätzliche Wasserspeicherkapazität schaffen
Ist eine grössere Autonomie erwünscht, kann in Wassernutzungsanlagen für Dachwasser investiert werden, das in unterirdischen Tanks gespeichert wird. Dieses Wasser ist von guter Qualität und kann für Viehtränken oder sogar für den Haushalt (WC, Waschmaschine) oder nach der Aufbereitung (mit UV bspw.) als Trinkwasser verwendet werden. Diese Systeme sind aber kostspielig und benötigen Platz für die Wassertanks, der sonst für die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens verwendet würde.
Berg- und Alpbetriebe
Auf den Alpen kommt zusätzlich zum Futterproblem die Verfügbarkeit des Wassers für das Vieh, die Wohnungen, die Melkanlagen und die Milchverarbeitung hinzu, wenn die Alp den Käse vor Ort herstellt. Namentlich in der Jurakette fehlt es immer wieder an Wasser, was das Personal zwingt, Wasser über lange Strecken herbeizuführen oder einen Teil des Viehs ins Tal zu bringen. Die Wasserversorgung der Alpen stammt nicht zuletzt aus natürlichen Quellen und gesammeltem und in Zisternen gespeichertem Dachwasser. Speicherteiche oder -becken sind weitere Möglichkeiten. Solche strukturellen Bauten sind sehr kostspielig und wenig rentabel für Alpbetriebe, die nur wenige Monate im Jahr bewirtschaftet werden, aber die Kantone und der Bund können sich über die Strukturverbesserungen an den Kosten beteiligen. Auch kann sich die Wasserqualität verschlechtern, namentlich bei Trockenheit und hohen Temperaturen.
Fehlt es zusätzlich an Futter, bedroht dies hundertjährige Bräuche. Ausserdem steigt der Druck auf die Futterproduktion im Tal. Es gibt aber Lösungen, um den Tierbesatz und das Weiden zu optimieren. Sind die Wasserstellen nicht optimal auf der Fläche verteilt, kann es sein, dass die Tiere die Fläche nicht gut abfressen, weil der Weg zur Tränke zu weit ist.
Um diesen wachsenden Herausforderungen zu begegnen hat Agroscope 2022 eine Versuchsstation Alp- und Berglandwirtschaft eingerichtet, die praktische Lösungen entwickelt. Ihre grossen Projekte beschäftigen sich mit einer dem Standort angepassten Bewirtschaftung im Kontext des Klimawandels, mit der Milchtechnologie und der Ökonomik des nachhaltigen Alpmanagements.
Regionales Wassereinzugsmanagement
Für landwirtschaftliche Betriebe ist das Wassereinzugsgebiet in ihrer Region von entscheidender Bedeutung. Die Verantwortung für das regionale Wasserressourcenmanagement liegt in den Händen der Kantone. Zum Vermeiden einer regionalen Wasserknappheit gehört eine vorausschauende Planung. In verschiedenen Regionen werden unterschiedliche Wasserquellen genutzt, um die Betriebe zu versorgen. Daher variiert auch der Einfluss des Klimawandels stark in den verschiedenen Regionen der Schweiz.
Für die Bewässerung von Kulturen organisieren sich die Landwirtinnen und Landwirte zunehmend in Genossenschaften, um Bewässerungswasser zu beziehen. In Regionen ohne Zugang zu Oberflächen- oder Grundwasserressourcen wird die Entwicklung von Wasserspeichern gefördert. Strukturverbesserungsbeiträge unterstützen seit 2003 Bewässerungsprojekte, um eine nachhaltige Wassernutzung zu gewährleisten. Diese Massnahme hat zum Ziel, die Widerstandsfähigkeit des Schweizer Ernährungssystems zu erhöhen.
Die Landwirtschaft ist nicht die einzige Akteurin, die Wasser braucht. Es wird geschätzt, dass die Industrie 55 %, die Haushalte 25 % und die Landwirtschaft die restlichen 20 % des Bedarfs ausmachen. Allerdings fliesst etwa die Hälfte des Wassers, welches der Landwirtschaft angerechnet wird, ungenutzt durch die Brunnen abQ14. Es gibt zahlreiche Nutzungskonflikte und die Priorisierung des Bedarfs wird der zentralen Bedeutung des Agrarsektors Rechnung tragen müssen. Folglich ist ein globaler Ansatz notwendig, um den Bedarf der Industrie, der Freizeitaktivitäten, des Tourismus und aller Akteure einer Region in Einklang zu bringen.
