Emissionen reduzieren - aber wie?
Anteil und Quellen der Landwirtschaft
15,5 % betrug der Anteil der Landwirtschaft an den Treibhausgasemissionen (inklusive Energieverbrauch) im Jahr 2022 gemäss dem Treibhausgasinventar der Schweiz (GWP100). Das entspricht 6,43 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten. Davon fällt mit 66 % der grösste Teil in der Nutztierhaltung in Form von Methan (CH4) an, das sich in Fermentationsprozessen im Magen von Wiederkäuern und bei der Hofdüngerbewirtschaftung bildet (siehe Grafiken unten). Heute weiss man allerdings, dass die langfristige Auswirkung kurzfristiger Gase (zu denen Methan gehört) massiv überschätzt wird. Deshalb schlägt die Forschung die neue Berechnungsmethode GWP* vor – der zufolge wären die Methananteile aus der Tierhaltung bedeutend kleinerQ31.
Zurzeit erkennt die Schweiz diese GWP*-Methode noch nicht an. Die aktuellen Zahlen für die Landwirtschaft, die nach dem GWP100 berechnet wurden, lauten wie folgt:
Rund ein Viertel der Emissionen besteht aus Lachgas (N2O ) aus, das aus den Böden durch biologische Abbauprozesse von Düngereinträgen entweicht sowie zu einem kleineren Teil bei der Hofdüngerlagerung entsteht. Der übrige Teil entfällt auf Kohlendioxid (CO2) aus der Treibstoffverbrennung oder in geringerem Masse aus dem Einsatz von DüngemittelnQ31.
Klimakillerin Kuh?! Nein!
Die Kuh ist nicht «die Klimakillerin», wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Methan ist zwar nach CO2 das zweitwichtigste von Menschen verursachte Treibhausgas und besitzt eine hohe Klimawirkung, aber dies nur während ca. 20 Jahren. Im Vergleich dazu erwärmt CO2 das Klima während mehreren Jahrhunderten. Methan ist kurzlebig, das heisst, solange die Methanemissionen nicht zunehmen, verursachen sie nur eine relativ geringe zusätzliche Erwärmung. Dieses biogene Methan ist Teil des Kohlenstoffkreislaufs. In diesem Kreislauf wird das in der Atmosphäre freigesetzte Methan durchschnittlich innerhalb von 10 Jahren in CO2 verwandelt und kann von den Pflanzen für die Photosynthese genutzt werden. Die Kühe wiederum fressen und verdauen die Pflanzen.
Der biogene Kohlenstoffkreislauf in der Landwirtschaft, UC DAVIS (2020).
Dieser natürliche Prozess wird aber von den menschlichen Aktivitäten beeinflusst: Denn wir bauen den seit Millionen Jahren eingelagerten fossilen Kohlenstoff ab und führen ihn zusätzlich dem Kreislauf zu. Diese fossilen Emissionen führen laut IPCC (2021) zu einer höheren Erwärmung als die sogenannten biogenen Emissionen der KüheQ28.
Die Forschung hat bei der Beurteilung des Treibhauspotenzials der verschiedenen Gase Fortschritte gemacht. So scheint es insbesondere, dass man die Wirkung von kurzlebigen Gasen und folglich des von Wiederkäuern ausgestossenen Methans bis heute überschätzt. Kühe tragen folglich viel weniger Schuld an der Klimaerwärmung als bisher angenommen, da die biogene Entstehung des Methans Teil des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs ist.
Die Entwicklung der Treibhausgasemissionen aus der Schweizer Landwirtschaft zeigt, wie in den meisten Sektoren in der Schweiz, eine Abnahme gegenüber 1990 (siehe Grafik unten). Die höchsten prozentualen Rückgänge in den landwirtschaftlichen Teilbereichen sind bei den Lachgasemissionen der Böden sowie beim Kohlendioxidausstoss durch den Energieverbrauch zu beobachten.
Die Reduktion von Treibhausgasen in der Landwirtschaft ist nicht einfach. Die Gründe dafür sind hauptsächlich:
- Die biologischen Prozesse (z. B. im Pansen von Wiederkäuern, Bodenlebewesen) sind komplex.
- Viele Treibhausgasemissionen entstehen räumlich stark verteilt und wenig konzentriert.
Technische Lösungen, wie sie beispielsweise in der Industrie angewendet werden können, sind in der Landwirtschaft nicht einsetzbar. Landwirte und Landwirtinnen, die auf ihren Betrieben Klimaschutz betreiben wollen, müssen der Komplexität Rechnung tragen und in vielen verschiedenen Bereichen Massnahmen ergreifen. Dabei gilt es Konflikte mit anderen erstrebenswerten Zielen (Tierwohl, Nutzung von Grünland, Reduktion Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Versorgungssicherheit etc.) abzuwägen.
Theoretisch gibt es landwirtschaftliche Klimaschutzmassnahmen in verschiedenen Bereichen: Energie, Gebäude, Acker- und Futterbau, Viehwirtschaft, Düngung, Bodenmanagement usw. Allerdings haben viele Massnahmen aufgrund technischer oder praxisbedingter Grenzen sowie fehlender Wirtschaftlichkeit ein limitiertes Potenzial. Grosse Reduktionspotenziale gehen häufig zulasten der Lebensmittelproduktion, so z.B. die Wiedervernässung der Moore (weniger Fläche für Ackerbau) und die Reduktion des Rindviehbestands in der Schweiz (mehr Importe). Letzteres ergibt nur Sinn, wenn auch der Konsum tierischer Produkte sinkt. Die Importe von Lebensmitteln stellen einen Grossteil der Emissionen in Zusammenhang mit dem Konsum dar. Diese zählen aber nicht zu den Emissionen im Landesinnern. Wir müssen also Massnahmen zur Emissionssenkung finden, die nicht unsere Produktionskapazität für Lebensmittel senken – mit mehr Importen würden wir nur die Emissionen ins Ausland verlagern.
So ist es wichtig, das Thema Food Waste (Lebensmittelverschwendung) anzusprechen, die entlang der gesamten Produktions- und Nahrungskette geschieht. In der Schweiz geht ungefähr ein Drittel der produzierten Lebensmittel verloren oder wird zwischen Feld und Teller verschwendet. Alle Akteure - von den Produzierenden über die Industrie, den Detailhandel, die Gastronomie bis zu den Konsumierenden – müssen mithelfen, die Verschwendung wertvoller Lebensmittelressourcen einzuschränkenQ22.
Emissionen und Importe: Die Gesamtkonsumperspektive
Auf globaler Ebene trägt die Produktion von Lebensmitteln mit einem Anteil von rund 25 % zu den Treibhausgas-Emissionen beiQ09. Wichtigste Ursachen sind die Abholzung von Wäldern zur Gewinnung von Ackerflächen sowie die Emissionen aus der Viehwirtschaft. Vom totalen Anteil der landwirtschaftlichen Produktion schlägt unter anderem die Reisproduktion über Methanemissionen mit rund 10 % zu BucheQ10. In der Schweiz sieht die Situation etwas anders aus: Reisanbau findet kaum statt und Abholzung von Wäldern für die Lebensmittelproduktion auch nicht. Daher stammt der grösste Anteil der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft hierzulande aus der Viehproduktion.
Auch wenn das Treibhausgasinventar in der Schweiz nur die Emissionen im Landesinnern berücksichtigt, lohnt es sich, den Lebensmittelkonsum unter die Lupe zu nehmen: also den Anteil der inländischen Produktion und die Importe, welche die Differenz abdecken. In der folgenden Grafik ist ersichtlich, dass die einheimische Produktion seit 1990 leicht gestiegen ist, während der Lebensmittelkonsum und folglich die Importe stiegen. Davon ausgehend ist es erfreulich, dass die Emissionen für die gleiche in der Schweiz produzierte Menge (in TJ) sinken. Mit den zunehmenden Importen werden die Emissionen aber ganz einfach ins Ausland verschoben.


