Zu Besuch bei Karin und Severin Keller

«Wir wollen das Heft selbst
in die Hand nehmen»

Weil ihre Böden schnell austrocknen, ist der Betrieb von Karin und Severin Keller für die Bewässerung der Kulturen gerüstet. Wo dies nicht möglich ist, setzen sie auf trockenheitstolerante Futterpflanzen. Ausserdem wirtschaften sie nach den Prinzipien der regenerativen Landwirtschaft und bauen die Betreuung von Menschen auf dem Hof auf.
  • 42 ha Landwirtschaftliche Nutzfläche
  • 33 ha Ackerkulturen (8 ha Kartoffeln, 2.5 ha Zuckerrüben, 3.6 ha Weizen, 12 ha Mais, 2 ha Raps, 5 ha Kunstwiesen) + 5.5 ha Wald
  • 11 Pferde, 10 davon in Pension
  • Gästebereich mit 3 Holziglus, einen grossen Aufenthaltsraum mit voll eingerichteter Küche sowie Badezimmer
  • Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar / Eltern + saisonale Aushilfen

«Der Klimawandel ist eine Realität und wir Bäuerinnen und Bauern merken die Veränderungen wahrscheinlich stärker als andere. Hier bei uns haben wir häufiger heftige Gewitter und mehr Wind als früher», stellen Karin und Severin Keller fest. Sie bewirtschaften die beiden elterlichen Betriebe in Uhwiesen/Benken und Volken im Kanton Zürich. Das sind 42 ha landwirtschaftliche Nutzfläche mit Kartoffeln, Zuckerrüben, Weizen, Mais, Raps und Kunstwiesen. Severin Keller ist zusätzlich stundenweise auf einem anderen Betrieb in der Milchproduktion angestellt. Karin Keller arbeitet zurzeit beim Kanton und ist in der Ausbildung zur Sozialpädagogin.

Rhein als sichere Wasserquelle

Uhwiesen liegt im ehemaligen Schwemmgebiet des Rheins mit fruchtbaren, sandigen Böden. Der Nachteil ist, dass diese rasch austrocknen und zur Erosion neigen. In trockenen Jahren, wie sie in letzter Zeit öfters vorkamen, heisst das vor allem eines: Ohne Bewässerung geht nichts. Kellers haben das Glück, dass in Uhwiesen bereits die Eltern alle Felder mit einem Rollomat-Bewässerungssystem ausgerüstet haben: «Zudem haben wir als Wasserquelle den Rhein, bei dem auch in trockenen Jahren keine Einschränkungen der Entnahmen zu befürchten sind.» Damit befinden sie sich, verglichen mit vielen anderen Bauernfamilien in der Schweiz, in einer privilegierten Lage.

Bodensonden optimieren den Wasserverbrauch

«In den vergangenen Jahren haben wir unterschiedlich viel bewässert – insgesamt ist die Tendenz aber steigend», erzählt Severin Keller. Gerade die Kartoffeln benötigen oft Wasser, manchmal auch die Futterflächen für die Tiere. Um die Verdunstung und damit den Wasserverbrauch zu minimieren, bewässern sie nur nachts. Das bedeutete für Kellers häufiges Aufstehen und Umstellen der Anlagen sowie zusätzlichen Stromverbrauch. Um möglichst bedarfsgerecht zu bewässern, arbeiten sie bei den Kartoffeln mit Bodensonden, welche die Restfeuchtigkeit messen. Zusammen mit dem entwicklungsbedingten Wasserbedarf lassen sich daraus der ideale Zeitpunkt und die benötigte Menge ermitteln.

Eine Vielzahl von Anpassungsmassnahmen

Seit einigen Jahren bewässern Kellers mit Sprinklerbalken. Damit geht weniger Wasser durch Abdrift verloren. Auf dem Betrieb in Volken können sie jedoch nicht bewässern. Hier passen sie sich an, in dem sie als Viehfutter Luzerne anbauen. Mit ihren tiefen Wurzeln kann diese das Wasser weit unten «anzapfen». Die Leguminose braucht zudem keinen Stickstoffdünger, weil die Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln Luftstickstoff fixieren können. Ausserdem investieren Kellers in die Methoden der regenerativen Landwirtschaft: immer begrünte Böden, möglichst nicht pflügen, das Einarbeiten von Zwischenfrüchten, der Einsatz von effektiven Mikroorganismen. «Der Gesamtansatz für unseren Betrieb ist, dass wir möglichst schonend mit dem Boden umgehen wollen: Er speichert Wasser und Nährstoffe und stellt diese den Pflanzen zur Verfügung.»

Gerade die Kartoffeln benötigen oft Wasser.
Um möglichst bedarfsgerecht zu bewässern, arbeiten Kellers bei den Kartoffeln mit Bodensonden.
An trockenen Standorten setzen Kellers auf Luzerne.

Konsumgewohnheiten verändern sich

Heuer bauen Kellers zum zweiten Mal Soja an. Das Paar geht davon aus, dass der Trend zu weniger Fleisch zunimmt. Natürlich sei und bleibe die Schweiz ein Grasland mit der dazugehörigen Nutzung durch Tiere und der Fleischproduktion. «In Zukunft heisst es wahrscheinlich: Fleischkonsum ja, aber bitte in Massen und nur aus tiergerechter Haltung.» Dazu eben Soja oder andere Hülsenfrüchte aus möglichst heimischem Anbau als Alternative.

Diversifizieren

Aktuell befindet sich Karin Keller in der Ausbildung zur Sozialpädagogin. Ziel ist, Menschen in herausfordernden Lebenssituationen auf dem Hof professionell unterstützen zu können. Der Grund für die Erweiterung der Betriebszweige über die klassische landwirtschaftliche Produktion hinaus: «Die klimatischen Herausforderungen nehmen zu, das landwirtschaftliche Einkommen schwankt mehr. Mit dem Nebenerwerb können wir etwas mehr Stabilität in die Finanzen hineinbringen», erklärt Karin Keller.

Dem Klimawandel entgegenwirken

Zwischen 2016 und 2021 nahmen Karin und Severin Keller am Projekt AgroCO2ncept Flaachtal teil. Dieses hatte zum Ziel, die CO2-Emmissionen der 25 mitwirkenden Landwirtschaftsbetriebe um 20 % zu reduzieren, Kosten einzusparen und die Wertschöpfung zu steigern. Ebenso ging es darum, die verschiedenen theoretischen Möglichkeiten der Emissionsreduktion in der Praxis zu erproben. Kellers Ansatz von Bodenschutz, guter Bodenstruktur und Humusbildung hat sich durch das Projekt bestätigt. Bei anderen Aspekten veränderten sich die Bedingungen nach Abschluss des Projekts nachteilig: Der Preis für Pflanzenkohle zum Beispiel ist ausserhalb des Projekts zu hoch, um sie im grossen Stil weiter einzusetzen. Auch das «Veredeln» von Gülle in einer Biogasanlage hängt von der Verfügbarkeit in der nächsten Umgebung ab. «Für den Boden wäre Biogasgülle natürlich hervorragend – aber unter ständigem Zeitdruck ist der Weg für uns zu lang», erzählt Karin Keller.

Nicht warten, sondern handeln

Bei Abschluss des Projekts von AgroCO2ncept konnten Kellers 13 % Emissionen einsparen. «Das Ziel von 20 % konnte fast niemand erreichen, gerade mit Tierhaltung ist das sehr schwierig», erklärt Karin Keller. Die natürlichen biologischen Prozesse in der Landwirtschaft lassen sich nicht so einfach ausser Kraft setzen. Doch sie bleiben dran: «Als Bäuerinnen und Bauern haben wir Verantwortung und Einfluss. Das müssen wir uns bewusst sein und entsprechend handeln», findet das Paar. Kellers denken dabei auch an ihre drei Kinder und deren künftige Umwelt. Statt zu warten, bis ihnen Andere Massnahmen aufs Auge drücken, werden sie lieber selbst aktiv.

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