Landwirtschaftliche Wohnhäuser
Der traditionelle Bauernhof ist ein Familienbetrieb. Und als solcher prägen die dazugehörigen Wohnbauten seit jeher die Baukultur und die Landschaft.
Was sind «landwirtschaftliche Wohnhäuser»?
Warum soll die Landwirtschaft Wohnraum bauen?
Der traditionelle Bauernhof ist ein Familienbetrieb. Und als solcher prägen die dazugehörigen Wohnbauten seit jeher die Baukultur und die Landschaft. Da die Schweizer Landwirtschaft das Modell des Familienbetriebs sicherlich beibehalten wird, sollten auch die traditionellen Strukturen gepflegt werden.
Viel wichtigere und praktische Gründe prägen ausserdem die Tradition wie auch das geltende Recht. Im Zentrum steht dabei die Aufsicht der Bauernfamilie über die Tiere, die Felder, die Kulturen und die Infrastrukturen. Je näher die Bauernfamilie wohnt, desto einfacher und schneller kann sie vorhersehbare und unvorhersehbare Ereignisse erkennen und darauf reagieren. Und da die Landwirtschaft mit der Natur arbeitet, gibt es viel Unvorhergesehenes.
Von dieser Nähe profitieren insbesondere auch die Tiere. Auffällige Geräusche auf der Weide oder im Stall nimmt die Betriebsleiterin oder der Betriebsleiter sofort wahr und kann die Situation erkunden. Das ist nicht nur Lebensqualität für Mensch und Tier, sondern auch effizient und praktisch.
Gesetzestext
1 Zonenkonform sind Bauten und Anlagen, die zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung oder für den produzierenden Gartenbau nötig sind. Vorbehalten bleibt eine engere Umschreibung der Zonenkonformität im Rahmen von Artikel 16 Absatz 3.
Verordnungstext
3 Zonenkonform sind schliesslich Bauten für den Wohnbedarf, der für den Betrieb des entsprechenden landwirtschaftlichen Gewerbes unentbehrlich ist, einschliesslich des Wohnbedarfs der abtretenden Generation.
Wo liegen die Herausforderungen in der Raumplanung?
Beim landwirtschaftlichen Wohnen bestehen viele Hürden, die aus praktischer Sicht schwer verständlich sind. Stossend ist insbesondere, dass zonenwidrige nichtlandwirtschaftliche Wohnhäuser mehr Änderungs- und Erweiterungsspielraum geniessen als zonenkonforme landwirtschaftliche Wohnhäuser. Einmal mehr ist dies einem Bundesgerichtsentscheid zu verdanken.
Aufgrund der inneren Verdichtung der wachsenden Dörfer sind viele Landwirtschaftsbetriebe gezwungen, im Dorfkern Platz zu machen. Der Betrieb wird entweder aufgegeben oder aus dem Dorf ausgesiedelt. Zwar wird im Dorfzentrum Fläche frei, welche andernorts nicht eingezont werden muss. Aber das neue Betriebszentrum wird in der Regel auf der «grünen Wiese» bzw. auf Kulturland gebaut.
Das Raumplanungsgesetz verlangt jedoch, dass möglichst alles innerhalb der Bauzone gebaut werden soll. Daher stellt sich bei der Aussiedlung die Frage, ob denn ein neues Wohnhaus für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung tatsächlich nötig sei, oder ob das Betriebszentrum auch per Auto oder Velo innert nützlicher Frist vom Dorf her erreicht werden könnte. In der Praxis werden wegen dieser Streitfrage nur sehr wenige neue Wohnhäuser bewilligt, was in vielen Fällen die landwirtschaftliche Bewirtschaftung erschwert.
Wie könnten die Rahmenbedingungen verbessert werden?
Das landwirtschaftliche Wohnen ist im geltenden Raumplanungsgesetz trotz seiner zentralen Bedeutung nur schwer zu finden. Denn obwohl es sich um zonenkonforme Bauten der Landwirtschaft handelt, sind sie unter Artikel 16a nicht explizit erwähnt. Stattdessen werden sie schlicht zu den «zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nötigen Bauten» gezählt (Art. 16a Abs. 1).
Um mehr Klarheit zu schaffen und um weitere Bundesgerichtspräjudize vorzubeugen, soll das landwirtschaftliche Wohnen unter Art. 16a einen eigenen Absatz erhalten. Darüber hinaus ist jedoch auch eine Aussage im Gesetz nötig, in welchen Fällen das Wohnen bei den Tieren begründet ist. Heute ist dies nur bei Milchkühen und Mutterschweinen der Fall. Bei Mutterkühen, Hühnern und allen anderen Tieren sei eine kontinuierliche Aufsicht nicht erforderlich, so das Bundesgericht. Um diesen praxisfremden Zustand zu beheben, gilt es im neuen Absatz zum Wohnen zu schreiben, dass landwirtschaftliche Tierbestände in jedem Fall ein Wohnhaus begründen.
Um bei den bestehenden Wohnhäusern der Landwirtschaft wieder Gleichheit gegenüber den zonenwidrigen Wohnhäusern zu schaffen, reicht eine simple Anpassung des Titels des Ausnahmeartikels 24c.
Welche Verbesserungen bringt die zweite Revision des Raumplanungsgesetzes in Bezug auf landwirtschaftliche Wohnhäuser?
Trotz aller Bemühungen blieben die Versuche, mehr Freiheit bei der Umgestaltung und Erweiterung zu erreichen, erfolglos. Landwirtschaftliche Betriebe mit Mutterkühen oder Legehennen dürfen weiterhin keine landwirtschaftlichen Wohnungen in der Nähe ihrer Tiere bauen.
Nachgefragt bei Peter Spillmann aus Dällikon ZH
Was war Ihre Motivation, die Wohnsituation auf dem Betrieb zu überdenken?
Bei der Betriebsübergabe stellte sich die Frage, wie die zukünftige Wohnsituation für meine Eltern, aber auch für mich als Betriebsleiter aussehen soll. Es war klar, dass mein Vater vorerst auf dem Betrieb weiterarbeitet, aber in den nächsten Jahren allmählich das Pensum reduzieren würde. Zudem wünschten sich meine Eltern, dass sie weiterhin auf dem Hof leben können.
Wie verlief der Prozess bis zur Baubewilligung?
Als ersten Schritt wollten wir uns über die in Frage kommenden Möglichkeiten informieren. Leider hatten wir Schwierigkeiten, eine kompetente Auskunftsperson zu finden, die uns alle gesetzlich möglichen Optionenaufzeigen konnte. Die Gesetzgebung ist dürftig, in Bezug auf welche Anforderungen genau für ein altrechtliches Wohnhaus eines landwirtschaftlichen Gewerbes in der Landwirtschaftszone gelten. Zusätzlich verwirrte uns die Ausnahmebestimmung zu altrechtlichen zonenwidrigen Wohnhäusern ausserhalb der Bauzone. Wir wussten nicht, ob diese auch für uns gilt oder nicht.
Wir gaben das Projekt bei einem Architekten in Auftrag, doch die erste Eingabe verlief nicht gut. Obwohl der Architekt Fachkenntnisse über die Landwirtschaft besass, reichten diese nicht aus. Für mich gibt es daher kein «Dazwischen» mehr: Entweder ist der Architekt zu 100% sattelfest oder ich stelle irgendeinen Architekten an und ziehe einen Experten bei. Zum Glück konnten wir dann einen ausgewiesenen Experten gewinnen, der uns neue Möglichkeiten aufzeigte. Nach einer erneuten Evaluierung der Standorte und Konzeption für die Wohneinheit beschlossen wir, ein «Stöckli» zu bauen. Gebunden waren wir an die Vorgabe des Kantons Zürich, dass uns ein Bruttogeschossfläche von maximal 340 Quadratmeter für die Betriebsleiterwohnung und den Altenteil, respektive das Stöckli, zur Verfügung stand. Da die Betriebsleiterwohnung bereits einen hohen Anteil davon einnahm, beschlossen wir, deren Wohnfläche zu Gunsten einer angemessenen Fläche für die 2½-Zimmer-Wohnung meiner Eltern zu verkleinern.
Wir erfüllten die Anforderungen für unser Bauprojekt und hatten dadurch eine relativ kurze Bewilligungszeit. Allerdings forderte eine Umweltschutzorganisation die Unterlagen ein, wodurch sich das Bewilligungsverfahren verzögerte. Wir waren verunsichert, ob wir das Projekt wie geplant umsetzen können oder ob noch eine Einsprache erhoben wird. Was jedoch nicht der Fall war.
Haben Sie Pläne für Ihre eigene Wohnsituation?
Nachdem wir die Baubewilligung im September 2021 erhielten, haben wir uns als nächstes Ziel den Umbau der Betriebsleiterwohnung mit seiner verkleinerten Wohnfläche vorgenommen. Die Etagen sind nicht sehr hoch und das Gebäude soll am Schluss so modernisiert sein, dass wir darin schön wohnen können. Aber im Moment klären wir noch das beste Vorgehen ab.
Kontaktperson
Bei Fragen wenden Sie sich an die zuständige Fachperson: