Bodenunabhängige Produktion
Unter diese fällt insbesondere die Haltung von Schweinen und Hühnern, aber auch der Gemüse- und Obstbau in Gewächshäusern und auf künstlich angelegten Böden. Bauten und Anlagen für diese Produktionsformen gelten als innere Aufstockung.
Was ist eine bodenunabhängige Produktion?
Die Raumplanung unterscheidet grundsätzlich zwischen der bodenabhängigen und der bodenunabhängigen Landwirtschaft. Bei letzterer geht es um die Haltung von Schweinen, Poulets und Legehennen oder um Anlagen für die Gemüse- und Obstproduktion, wie Gewächshäuser oder Folientunnels.
Die bodenunabhängige Landwirtschaft wird in einem gewissen Ausmass als Ergänzung zur bodenabhängigen Landwirtschaft als zonenkonform bewilligt. Dabei spricht man von der inneren Aufstockung eines Landwirtschaftsbetriebs.
Die Idee ist dabei stets, dass die bodenabhängige Landwirtschaft weiterhin im Vordergrund steht. Alles, was darüber hinausgeht und für die Umwelt oder die Landschaft problematisch sein könnte, erfordert ein Planungsverfahren.
Warum soll die Landwirtschaft Gebäude für die bodenunabhängige Produktion bauen?
Frisches, saisonales Obst und Gemüse aus der Region ist ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung. Um die nötige Qualität zu erschwinglichen Preisen herstellen zu können, sind künftig vermehrt Schutzeinrichtungen und effiziente Anbauformen erforderlich. Dies gilt auch für den baulichen Pflanzenschutz, der dazu beiträgt, die synthetischen Pflanzenschutzmittel zu reduzieren.
Auch bei der bodenunabhängigen Tierhaltung hat die Schweiz ein Interesse, eine eigene Produktion sicherzustellen. Insbesondere bei Eiern und Poulet ist der Inlandanteil eher tief und die Verdienstmöglichkeiten für die Bauernfamilien sind attraktiv. Aber auch das Tierwohl profitiert, da die Schweizer Standards weltweit an der Spitze liegen.
Gesetzestext voraussichtlich ab 2025
2 Bauten und Anlagen, die der inneren Aufstockung eines landwirtschaftlichen oder eines dem produzierenden Gartenbau zugehörigen Betriebs dienen, sind zonenkonform. Der zulässige Umfang der inneren Aufstockung wird bei der Tierhaltung anhand des Deckungsbeitrags oder anhand des Trockensubstanzpotenzials bestimmt. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
3 Bauten und Anlagen, die über eine innere Aufstockung hinausgehen, können als zonenkonform bewilligt werden, wenn sie in einem Gebiet der Landwirtschaftszone erstellt werden sollen, das vom Kanton in einem Planungsverfahren dafür freigegeben wird.
Wo liegen die Herausforderungen in der Raumplanung?
Die bodenunabhängige Produktion könnte theoretisch überall stattfinden. Zudem handelt es sich oft um grosse Gebäude wie Gewächshäuser oder tierfreundliche Ställe mit viel Auslauf. So wird gelegentlich geäussert, diese Produktionsweise sei industriell und gehöre nicht auf die Bauernhöfe, sondern in die Industriezone. Bauprojekte dieser Art werden deshalb mit vielen Einsprachen blockiert.
Es ist jedoch aus mehreren Gründen wichtig, die innere Aufstockung in der Landwirtschaftszone zu platzieren. Bei der Tierhaltung wäre eine Konzentration solcher Ställe in der Bauzone nicht nur wegen Tierseuchen gefährlich. Tiere verursachen immer auch Gerüche, die in der Bauzone als unangenehm empfunden werden.
Da die allermeisten Betriebszentren bereits ausserhalb Bauzone liegen, ist es sinnvoll, die innere Aufstockung in unmittelbarer Nähe zu den existierenden Gebäuden zu ermöglichen. Davon profitiert neben dem Landschaftsschutz stets auch das Tierwohl und der Schutz von Spezialkulturen, wenn die Bauernfamilie im Problemfall schnell eingreifen kann. Zudem limitiert die Schweiz als eines von sehr wenigen Ländern die Grösse der Ställe über eine Begrenzung der maximal erlaubten Tierzahlen. Im internationalen Vergleich sind die Schweizer Landwirtschaftsgebäude daher eher klein.
Wie könnten die Rahmenbedingungen verbessert werden?
Die innere Aufstockung nimmt im geltenden Raumplanungsgesetz einen wichtigen Platz ein. So gelten entsprechende Ställe, Gewächshäuser und Obstanlagen als zonenkonform.
Bei der Tierhaltung hat das Bundesgericht allerdings vor einigen Jahren leider entschieden, dass die bewilligungsfähigen Tierplätze nicht mehr auf Basis der Betriebsfläche berechnet werden dürfen. Vielmehr habe sich die innere Aufstockung an der Intensität der bodenabhängigen Produktion zu orientieren. Dies begünstigt intensive Landwirtschaftsbetriebe mit wenig Fläche, was aus Umweltsicht problematisch sein kann.
Seit dem Bundesgerichtsentscheid schweben Hunderte von Betrieben in Rechtsunsicherheit, weil ihre Ställe zonenwidrig geworden sind. Auch zahlreiche Neubauten und Erweiterungen sind blockiert. Die einfachste Lösung wäre, dass das Parlament die erlaubten Berechnungskriterien im Gesetz festschreibt. Das Bundesgerichtsurteil würde damit neutralisiert.
Welche Verbesserungen bringt die zweite Revision des Raumplanungsgesetzes in Bezug auf die bodenunabhängige Produktion?
Mit der Änderung von Art. 16 Abs. 2 ist das Parlament auf den Entscheid des Bundesgerichts zur inneren Aufstockung im Bereich der Tierhaltung zurückgekommen. Das Potenzial einer inneren Aufstockung kann nun auf der Grundlage der Bruttomarge oder des Trockenmassepotenzials berechnet werden. Diese Bestimmung ist besonders erfreulich für Betriebe, die eine große Fläche bewirtschaften, und bietet den landwirtschaftlichen Betrieben mehr Freiheit bei der inneren Aufstockung.
Nachgefragt bei Urban Schwager aus Balterswil TG
Warum haben Sie sich entschieden, in die bodenunabhängige Produktion zu investieren?
Bei der Güterzusammenlegung in den 80er Jahren siedelte mein Vater den Betrieb an den heutigen Standort aus. Er baute einen neuen Milchviehstall, in dessen Obergeschoss er 2’000 Legehennen für den Eierverkauf direkt an die Bevölkerung und an den Handel hielt. Als die Nachfrage nach Freilandeiern stark anstieg, prüften wir verschiedene Möglichkeiten, den bestehenden Stall auf Freilandhaltung umzustellen. Am Ende entschieden wir uns für einen separaten Neubau für Freilandhühner und bauten 1996 zwei Ställe mit je 2'000 Legehennen.
Als ich den Betrieb übernahm, wurden Produzenten für ein Label gesucht. Da es unser Wunschlabel war, zögerten wir nicht, diese Chance zu packen. Ein neues Label bedeutete auch neue Anforderungen und wir reichten ein Baugesuch für die entsprechenden Anpassungen und die Erweiterung des Legehennenstalls ein. Ich wollte möglichst rasch und unkompliziert bauen, weil ich den Abnehmer nicht auf ein paar Monate oder gar Jahre vertrösten wollte.
Wie konnten Sie die Anforderungen an die bodenunabhängige Produktion erfüllen?
Die Kriterien der inneren Aufstockung für die geplante Anzahl Legehennen führten mich in einen Zielkonflikt. Um die Anforderung an genügend Fläche und Futter für die bodenabhängigen und bodenunabhängigen Betriebszweige zu erfüllen, stellte sich für mich die Frage, ob wir mit der Milchproduktion weiter machen oder ob wir in die Vergrösserung der Legehennenherde investieren wollen. Aufgrund der damaligen Milchmarktsituation und den erwarteten grösseren Investitionen in den Milchviehstall entschied ich, mich auf die Eierproduktion zu fokussieren.
Obwohl dies ein harter Schritt war, weil ich ein begeisterterer Melker war. Nun halten wir statt Milchkühe Mastrinder. Die Tränker kaufe ich von Betrieben in der Umgebung, ziehe sie auf und behalte sie bis sie ca. 18 Monate alt sind. Zusammen mit der bodenabhängigen Haltung der Mastrinder und dem Ackerbau erfülle ich nun die Anforderungen und bewege mich mit den Legehennen innerhalb des Rahmens der inneren Aufstockung.
Wie sieht der bodenunabhängige Betriebszweig mit den Legehennen aus?
Die Legehennen kommen zu uns auf den Betrieb, sobald sie Eier legen. Die Tiere leben in Freilandhaltung. Das heisst, sie können nach draussen gehen und finden Schutz und Schatten unter Büschen. Das Futter kaufen wir grösstenteils zu. Die Eier sortieren wir auf dem Betrieb nur grob, sprich ohne Durchleuchtungsgeräte. Den Rest übernimmt der Eierabnehmer. Einen Teil verkaufen wir direkt auf dem Hof in einem kleinen Selbstbedienungsladen. Dort können Kundinnen und Kunden auch Eier beziehen, die grösser als die Norm sind.
- Urban und Justyna Schwager und ihre vier Kinder
- IP-Suisse-Produktion
- 31 ha LN (20 ha Natur- und Kunstwiesen, 6-8 ha Silomais, 2-4 ha Getreide)
- 60 Mastrinder, 10’000 Legehennen
- PV-Anlage mit 210 kWp (KEV) und 40 kWp (Einmalvergütung)
- Arbeitskräfte: Betriebsleiter, Justyna Schwager in Teilzeit, ein Lernender, ein älterer Mann in Teilzeitanstellung (40-45%) zur Unterstützung bei den Legehennen
Kontaktperson
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