Kapitel 1: Situation weltweit

Entwicklung der globalen Produktion

Produktivität des Kulturlandes sinkt

Kulturland und Wasser sind die zentralen natürlichen Produktionsgrundlagen der Landwirtschaft. Da diese jedoch limitiert sind, bedingt die wachsende Weltbevölkerung eine höhere Produktivität bzw. eine höhere Ressourceneffizienz. Der landwirtschaftliche Produktivitätsindex zeigt, dass die Produktivität der Landwirtschaft nicht schnell genug wächst, um den Bedarf an Nahrung für mehr als 9 Milliarden Menschen im Jahr 2050 zu decken. Häufiger auftretende extreme Klimaereignisse wie insbesondere Dürren trägt wesentlich dazu bei. Vielerorts herrscht zunehmende Wasserknappheit. So ist die Regenzeit in Ostafrika fünf Mal in Folge ausgeblieben und forderte 2022 allein in Somalia über 40'000 Dürretote.

Möglichkeiten zur Produktionssteigerung

Die naheliegendste Möglichkeit zur Produktionssteigerung wäre eine Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzfläche in bisher unberührte Gebiete. Diese Option gefährdet aber die verbleibenden Lebensräume wildlebender Pflanzen und Tiere. Obwohl es unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit in vielen Fällen die schlechteste Lösung ist, werden weiterhin Waldfläche zugunsten von Kulturland abgeholzt. Dass die globale Landwirtschaftsfläche insgesamt im letzten Jahrzehnt trotzdem rückläufig ist, liegt daran, dass zunehmend Kulturland durch Wüstenbildung oder Bodenerosion verloren geht. Diese Problematik wird sich mit dem Klimawandel weiter verschärfen. Es gilt also das bestehende Landwirtschaftsland möglichst optimal zu nutzen. Dafür gibt es verschiedene kontextabhängige Strategien: 

  1. Eine effizientere und produktivere Landwirtschaft in Ländern und Regionen, in denen bis anhin noch extensiv und ineffizient produziert wird. Das bedeutet konkret Professionalisierung der Landwirtschaft, höherer und gezielterer Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln und bessere Mechanisierung.
  2. In Ländern, die bereits intensiv oder gar zu intensiv unterwegs sind, sind andere Ansätze gefragt, um die Produktionsgrundlagen und natürlichen Ressourcen nicht zu überbelasten: Zucht von neuen, leistungsfähigeren und gleichzeitig möglichst robusten Pflanzensorten, Precision Farming zur Steigerung der Effizienz oder Tierzucht in Richtung weniger Emissionen.
  3. Lebensmittelproduktion ausserhalb des Kulturlandes: Urban Farming, Vertical Farming, Kulturfleisch etc. Was heute noch eine Nische ist, könnte in Zukunft an Bedeutung gewinnen: Es wird geschätzt, dass der Umsatz von Laborfleisch bis 2030 auf 25 Milliarden US Dollar, jener von Vertical Farming im selben Zeitraum auf über 30 Milliarden US Dollar ansteigen dürfte.

Politische Rahmenbedingungen

Damit die Bauernfamilien in ihre Felder und Infrastrukturen investieren, brauchen sie Rechtssicherheit. In Ländern, in welchen das Grundeigentum nicht rechtsstaatlich gesichert ist, geben Banken keine Kredite an landwirtschaftliche Projekte. Nötige Investitionen in Infrastruktur bleiben aus. Weitere Gründe für fehlende Investitionen können auch politische Instabilität oder ein überbordendes Bürokratiesystem sein. In entwickelten Ländern wirken sich steigende gesetzliche Anforderungen und Anreize zur Extensivierung bremsend auf die Produktivität aus.

Situation in den verschiedenen Weltregionen

Die EU ist der weltweit grösste Agrarexporteur. Die Landwirtschaftsfläche ist seit 20 Jahren ziemlich konstant oder eher rückläufig. Die Produktivität ist im internationalen Vergleich sehr hoch, politisch wird im Rahmen des „Green Deals“ aber eine Extensivierung der Produktion angestrebt

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Australien / Neuseeland

Australien und Neuseeland verfügen über eine sehr konkurrenzfähige, exportorientierte Landwirtschaft.  Vorgesehene Umweltmassnahmen, wie z.B. das geplante Emissionshandelssystem in Neuseeland werden die Produktion in den kommenden Jahren eher reduzieren.

Asien

1/3 des globalen Kulturlandes ist in Asien. Die landwirtschaftliche Entwicklung ist sehr heterogen: Während in Südostasien vorwiegend traditionelle kleinbäuerliche Landwirtschaft betrieben wird, wird vor allem in China stark intensiviert.

Afrika

Die landwirtschaftliche Produktion konnte im vergangenen Jahrzehnt um jährliche 2.98% gesteigert werden, dies durch Erschliessung von Flächen und Weiden. Allerdings ist das Produktionsniveau durch knappe Produktionsmittel tief und die Flächenproduktivität ist im vergangenen Jahrzehnt jährlich um weitere 0.12% gesunken.

Europa

Die EU ist der weltweit grösste Agrarexporteur. Die Landwirtschaftsfläche ist seit 20 Jahren ziemlich konstant oder eher rückläufig. Die Produktivität ist im internationalen Vergleich sehr hoch, politisch wird im Rahmen des „Green Deals“ aber eine Extensivierung der Produktion angestrebt

Südamerika

Aktuell wird die Produktion durch Intensivierung des Anbaus und Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf Kosten des Regenwaldes weiter gesteigert. Allein zwischen 2015 und 2020 wurde die landwirtschaftliche Nutzfläche in Südamerika um 13% vergrössert.

Nordamerika

Nordamerika verfügt über eine exportstarke Landwirtschaft. Dabei profitiert Nordamerika von Skaleneffekten: ein Durchschnittsbetrieb in den USA hat über 180 ha, in Kanada über 327 ha. Im letzten Jahrzehnt sind sowohl Landwirtschaftsfläche, als auch Produktion grösstenteils konstant geblieben.

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