Wie GUT fördert die Landwirtschaft die Biodiversität?

Artenreiche Wiesen, Hecken, Hochstammobstbäume und viele weitere Elemente fördern – aufgrund der Auflage zum Erhalt von Direktzahlungen – auf jedem Schweizer Landwirtschaftsbetrieb die Biodiversität. Sie dienen zahlreichen Tier- und Pflanzenarten als Lebensräume, Rückzugsgebiete oder zur Nahrungssicherung und bereichern gleichzeitig das Landschaftsbild. Bei einigen Elementen wie extensiven Wiese oder Hecke gibt es zwei Qualitätsstufen.

Qualität bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Art der Fläche mit den verschiedenen Pflanzen und Strukturen (z.B. Trockenmauern) effektiv ideale Bedingungen, um den gewünschten Pflanzen und Tieren Lebensraum und Nahrung zu bieten. Weiter gibt es Auflagen, wie gross die Fläche mindestens sein muss oder welche Pflanzen in einer gewissen Häufigkeit vorkommen müssen. Zusätzlich sollen Biodiversitätsförderflächen nicht isoliert stehen, sondern in Zusammenhang mit anderen ökologischen Flächen und untereinander vernetzt sein. Was bedeutet das?

Für Wildtiere und -pflanzen sind vielschichtige Funktionen gefragt: Lebensraum, Schutz, Futter, Fortpflanzung und Austausch zwischen verschiedenen Populationen. Sind ökologisch wertvolle Lebensräume zu stark zerstückelt oder zu klein, vermindert sich ihr Nutzen für die Biodiversität stark. Dauerlebensräume sollen also über «Trittsteine» (Einzelbäume, Ast- oder Steinhaufen) oder «Korridorhabitate» (streifenförmige Elemente wie Hecken, streifenförmige Wiesen usw.) miteinander vernetzt sein.

Durch Vernetzung entsteht eine Verbindung zwischen den verschiedenen Lebensräumen. Dadurch können die einzelnen Populationen besser miteinander interagieren und es kommt zum genetischen Austausch durch Vermehrung. Das erhöht die Anpassungsfähigkeit an sich wandelnde Bedingungen und stellt deren langfristiges Überleben sicher. Um solche Flächen koordiniert anzulegen, sind Vernetzungsflächen immer Teil eines Vernetzungsprojektes.

Biodiversitätsziele der Agrarpolitik

Die Agrarpolitik setzte hinsichtlich der Qualität und Vernetzung von Biodiversitätsförderflächen die folgenden Ziele bis 2021:

  • 65'000 ha Biodiversitätsförderflächen im Talgebiet sollen die Qualitätsstufe 1 erfüllen:
    Mit 82'000 ha hat die Landwirtschaft dieses Ziel deutlich übertroffen.

  • 40 Prozent der Biodiversitätsförderflächen sollen besonders hohe Qualität aufweisen (Qualitätsstufe 2): Dieses Ziel wurde mit 44 Prozent der Flächen gut erfüllt.

  • 50 Prozent der Biodiversitätsförderflächen sollen vernetzt sein: Mit 81 Prozent der Biodiversitätsförderflächen in Vernetzung hat die Landwirtschaft dieses Ziel ebenfalls deutlich übertroffen.

Entwicklung des Anteils in Prozent


Umweltziele Landwirtschaft

Als einziger Sektor in der Schweiz erhielt die Landwirtschaft 2008 dreizehn sogenannte Umweltziele, die auch Ziele im Bereich Biodiversität umfassen. Der Plan war, dass es für alle Sektoren Umweltziele geben soll. Bis heute ist diesbezüglich nichts passiert. Der Bundesrat begründet dies mit fehlenden personellen und finanziellen Ressourcen L17.

Das Umweltziel Biodiversität für die Landwirtschaft lautet:

Die Landwirtschaft leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität. Dies umfasst die Aspekte

  1. Artenvielfalt und Vielfalt von Lebensräumen

  2. genetische Vielfalt innerhalb der Arten sowie

  3. funktionale Biodiversität L15.

Damit beschreiben die Umweltziele einen Idealzustand, die sämtlichen rechtlichen Vorgaben in Sachen Umweltschutz einhalten. Sie enthalten daher weder konkrete Zielangaben noch sind sie zeitlich begrenzt.

Im Statusbericht des BAFU aus dem Jahr 2016 wurde eine erste und bisher einzige Bilanz gezogen L25. Der Schweizer Bauernverband nahm zum Statusbericht Stellung, denn die Schweizer Landwirtschaft erreichte die Umweltziele deutlich besser als dargestellt. Es ist richtig, dass es Optimierungs- und Nachholbedarf gibt, aber die fehlende differenzierte Betrachtung erlaubt kaum eine faire Kritik. Denn weder werden die bisherigen Anstrengungen der Bauernfamilien aufgezeigt noch die erreichten Ziele und Zielkonflikte vertiefter ausgeführt. Darüber hinaus beurteilt der Bund die Ziele als „nicht erreicht“, wenn Zielwerte, Indikatoren oder Datengrundlagen fehlen. Erst mit der Einführung des Monitoringinstruments ALL-EMA konnte zwischen 2015-2019 erstmals eine schweizweite einheitliche Datenerhebung durchgeführt werden. Mit dessen Resultaten sind aber nur begrenzt Aussagen zu den Umweltzielen der Landwirtschaft im Bereich Biodiversität möglich.

Ziel


Statusbericht des BAFU aus dem Jahr 2016

Stellungnahme Schweizer Bauernverband

Teilziel I

Sicherung der Vielfalt von Arten, welche auf landwirtschaftlichen Flächen vorkommen sowie deren Lebensräume.

Nicht erreicht.

  • Verlust der Artenvielfalt konnte dank den Massnahmen in der Agrarpolitik gebremst werden, aber die Ziellücken sind weiterhin zu gross.

  • Ziel- und Leitarten zeigen nach wie vor einen negativen Bestandstrend auf.

Teilweise erreicht.

  • Die Flächen- und Vernetzungsziele für Biodiversitätsförderflächen gemäss Agrarpolitik wurden nicht nur erreicht, sondern übertroffen.

  • Die Situation bei Lebensräumen gilt als ungenügend, aber es gibt erkennbare positive Trends, z.B. die Zunahme der Biodiversitätsförderflächen von besonderer ökologischer Bedeutung (Qualitätsstufe 2).

  • Es gibt grosse regionale Unterschiede.

  • Potential besteht vor allem im Ackerbaugebiet, wo es an strukturreichen QII-Flächen fehlt.

Teilziel II

Erhalt der genetischen Vielfalt von einheimischen Wildpflanzen, die für die Landwirtschaft genutzt werden, sowie von anderen einheimischen, schwerpunktmässig auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche vorkommenden wildlebenden Arten.

Erreicht.

  • Die Sicherung der genetischen Vielfalt innerhalb der Kulturpflanzen und Nutztierrassen gilt als erreicht.

Nicht erreicht.

  • Die Grundlagen und Zahlen über den Zustand der genetischen Vielfalt der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz sind ungenügend.

  • Lebensräume werden zunehmend beeinträchtigt und zerstückelt, was einen negativen Einfluss auf die genetische Vielfalt innerhalb der wildlebenden Populationen hat.

Erreicht.





Nicht beurteilbar:

  • Es ist keine seriöse Beurteilung des Teilziels möglich, da Daten fehlen.

  • Erst 2016 wurden neue Ziele für wildlebende Arten eingeführt, daher ist klar, dass die Umsetzung eine gewisse Zeit braucht und die Ziele nicht schon erreicht sein können.

Teilziel III

Die Ökosystemdienstleistungen werden von der Landwirtschaft bewahrt und gefördert.

Nicht erreicht.

  • Es ist davon auszugehen, dass eine intensive und zu wenig standortgerechte Landwirtschaft nach wie vor eine negative Auswirkung auf Ökosysteme ausüben und deren ökologische Qualität daher ungenügend ist.

Nicht beurteilbar:

  • Es bestehen weder Indikatoren noch sind die Faktoren messbar. Trotzdem beurteilt der Bund das Ziel wegen negativer Einflüsse der intensiven Landwirtschaft generell als nicht erreicht.

  • Es gibt keine auf die Schweiz bezogenen wissenschaftlichen Untersuchungen, die einen Rückgang dieser Leistungen feststellen.

Hauptziel

Die Biodiversität ist reichhaltig und gegenüber Veränderungen reaktionsfähig. Die Biodiversität und ihre Ökosystemdienstleistungen sind langfristig zu erhalten.

Nicht erreicht

  • Die Biodiversität in der Schweiz ist generell ungenügend und der Verlust der Artenvielfalt setzt sich fort.

Nicht beurteilbar:

  • Es fehlen für einige Teilziele Grundlagen sowie Erhebung- und Monitoringprogramme. Damit ist eine seriöse Beurteilung nicht möglich.

  • Wo es keine Zielwerte und Indikatoren gibt, beurteilt der Bund die Ziele als «nicht erreicht».

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