Wie fördert die Landwirtschaft die Biodiversität?

Die Landwirtschaft ist auf Biodiversität angewiesen. Deshalb ist «Biodiversitätsförderung» seit den 1990er Jahren im «Ökologischen Leistungsnachweis» (ÖLN) enthalten und Bedingung für den Erhalt von Direktzahlungen.

Vertiefung: Geschichte der Biodiversitätspolitik

Direktzahlungen sind eines der zentralen Elemente der Schweizer Agrarpolitik. Sie gelten die von der Gesellschaft geforderten allgemeinwirtschaftlichen Leistungen ab. Ihre Grundlage haben sie im Artikel 104 zur Landwirtschaft der Bundesverfassung. Aktuell gibt es sieben verschiedene Beitragstypen:

  • Kulturlandschaftsbeiträge zur Offenhaltung der Kulturlandschaft;
  • Versorgungssicherheitsbeiträge zur Erhaltung einer sicheren Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln;
  • Biodiversitätsbeiträge zur Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt;
  • Landschaftsqualitätsbeiträge zur Erhaltung, Förderung und Weiterentwicklung vielfältiger Kulturlandschaften;
  • Produktionssystembeiträge zur Förderung besonders naturnaher, umwelt- und tierfreundlicher Produktionsformen (zum Beispiel Bio und Integrierte Produktion);
  • Ressourceneffizienzbeiträge zur nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen;
  • Übergangsbeiträge zur Gewährleistung einer sozialverträglichen Entwicklung.

Voraussetzung für alle Direktzahlungen ist die Erfüllung des ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN)

+ schweizer Direktzahlungssystem

Mit der Produktion gemäss Label- und anderen Programmen sowie über weitere Massnahmen bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen erhöhen die Bauernbetriebe ihr Engagement für die Biodiversität.

Der ökologische Leistungsnachweis

Für den Erhalt der Direktzahlungen muss jeder Landwirtschaftsbetrieb 7 Prozent seiner landwirtschaftlichen Nutzfläche für die Biodiversität zur Verfügung stellen. Das ist eine Anforderung des ökologischen Leistungsnachweises. Weitere Auflagen sind eine geregelte Fruchtfolge, das Einhalten von Pufferstreifen entlang von Gewässern oder eine ausgeglichene Nährstoffbilanz. Für reine Spezialkultur-Betriebe wie z.B. Reben oder Obst liegt der vorgeschriebene Anteil der Biodiversitätsförderflächen bei 3,5 Prozent. Zu den anrechenbaren Flächen gehören zum Beispiel extensive (wenig gedüngte) Wiesen und Weiden, Buntbrachen, Hecken, Trockenmauern oder Hochstammbäume.

Die Mindestanforderungen des ökologischen Leistungsnachweises von 7 Prozent Biodiversitätsförderfläche ist mit durchschnittlich 19 Prozent weit übertroffen. Aktuell dient also auf freiwilliger Basis eine Gesamtfläche von 195'413 ha Landwirtschaftsland gezielt zur Artenförderung L41.

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Biodiversitätsförderung auf dem Acker

Auf den fruchtbaren Ackerflächen steht die Lebensmittelproduktion im Vordergrund. Dennoch lässt sich auch hier die Biodiversität mit hochwertigen und vernetzten Kleinstrukturen fördern. Eine hohe Artenvielfalt hilft mit, die Erträge zu sichern. Nützlinge und bestäubende Insekten finden Lebensraum und Nahrung in Nützlingsstreifen. Eine Studie zur Regulation des Schädlingsdrucks durch Nützlinge ergab, dass in Winterweizenfeldern mit Nützlingsstreifen der Befall durch den Käfer Getreidehähnchen um ca. 40 Prozent bis 53 Prozent tiefer war L34. Eine gute Bestäubung durch Insekten erhöht den Ernteertrag beispielsweise beim Raps L31.

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Abgestorbener Baum auf dem Acker bietet Lebensraum für Insekten.

Ackerflächen stehen unter Druck. Die Siedlungsfläche breitet sich rasant und vor allem auf Kosten der besten Böden im Mittelland aus. Es gilt deshalb, die verbleibenden Produktionsflächen effizienter zu nutzen, um die Bevölkerung weiterhin zu ernähren, ohne die Ressourcen übermässig zu belasten oder der Biodiversität zu schaden.

Elemente zur Biodiversitätsförderung

+ Extensive und wenig intensive Wiesen

Extensive & wenig intensive Wiesen

Düngt und mäht man Wiesen nur selten, lassen sich dort 40 bis 70 seltene Arten finden. In extensiven Wiesen sieht man z.B. Esparsetten, Skabiosen-Flockenblumen, Wiesensalbei oder Orchideen. Werden Wiesen zu stark gedüngt oder nicht mehr gemäht, nimmt die Pflanzenvielfalt wieder ab. Denn nur bei einer sorgsamen Pflege gibt es genügend Licht, damit auch bodennahe Pflanzen wachsen können.

+ Streuefläche & artenreiche Grün- und Streueflächen im Sömmerungsgebiet

Streuefläche & artenreiche Grün- und Streueflächen im Sömmerungsgebiet

Streueflächen sind ungedüngte Wiesen auf Feucht- und Nassstandorten. Sie stellen einen wichtigen Lebensraum für spezialisierte Tiere und Pflanzen dar, die nur unter diesen Bedingungen vorkommen. Dies sind beispielsweise der Lungenenzian oder gewisse Heuschreckenarten.

+ Extensive genutzte Weiden

Extensive genutzte Weiden

Extensive Weiden sind meistens nährstoffarm, oftmals gross und auf unebenem Gelände zu finden. Es kommen z.B. Wiesenkammgras, Enziane oder Thymian vor. Sie haben diverse ökologisch wertvolle Strukturen wie Einzelbäume, Felsen oder offene Bodenstellen. Weidetiere tragen mit z.B. Trittlöchern aktiv zur Gestaltung des Habitats bei.

+ Waldweiden

Waldweiden

Wald- und Wytweiden sind mit Gehölzen durchsetzte Weiden, die futterbaulich oder forstwirtschaftlich genutzt werden. Sie bestehen aus vielfältigen Lebensräume wie Graslandbestände, Gebüsche, Trockenmauern oder Einzelbäume, welche eine hohe Artenvielfalt fördern. Zu finden sind sie vor allem im Kanton Jura.

+ Uferwiesen

Uferwiesen

Als ungedüngte Wiesenstreifen entlang von stehenden Gewässern, Flüssen und Bächen stellen Uferwiesen einen wichtigen Lebensraum für Amphibien, Reptilien und zahlreiche Insekten dar.

+ Ackerschonstreifen

Ackerschonstreifen

Ackerschonstreifen sind angesäte Randstreifen auf Äckern, die ohne Düngung und Pflanzenschutzmittel bewirtschaftet werden. Hier wachsen beispielsweise Kornraden, Mohn oder Kornblumen. Sie bieten Nahrung für Insekten, unterstützen dadurch die natürliche Schädlingsregulierung und fördern die Bestäubung der Kultur- und Wildpflanzen. Im Gegensatz zu Brachen und Säumen erntet man sie mit der Kultur.

+ Nützlingsstreifen & Nützlingsstreifen in Dauerkulturen

Nützlingsstreifen & Nützlingsstreifen in Dauerkulturen

Farbenfrohe ein- und mehrjährige Nützlingsstreifen aus einheimischen Wild- und Kulturpflanzen bieten Nahrung und Lebensräume, insbesondere während der nektararmen Zeit im Sommer. Idealerweise kombiniert man insbesondere einjährige Nützlingsstreifen mit weiteren Biodiversitätselementen wie Hecken, die zusätzlich Schutz und Überwinterungsmöglichkeiten bieten.

+ Bunt- & Rotations- brachen

Bunt- & Rotationsbrachen

Brachen sind mehrjährige mit einheimischen Wildkräutern angesäte Flächen auf Ackerland. Mit teilweise offenen Bodenstellen und verholzten Pflanzenteilen, z.B. von der Königskerze, bieten sie zahlreichen Kleintieren Lebensraum und Nahrung. Feldlerchen oder Hasen finden in Brachen Ruhe für die Aufzucht des Nachwuchses.

+ Säume auf Ackerfläche

Säume auf Ackerfläche

Säume bestehen aus mehrjährigen einheimischen Wildkräutern. Sie dienen als Nahrungsquelle, Rückzugs-, und Überwinterungsort für Nützlinge. Mit ihrer linearen Form sind sie für die Vernetzung der Lebensräume wichtig. Werden Säume an Hanglagen angelegt, tragen sie zusätzlich zum Erosionsschutz bei.

+ Getreide in weiter Reihe

Getreide in weiter Reihe

Getreide in weiter Reihe umfasst die Weitsaat von Winter- und Sommergetreide, von denen seltene Ackerbegleitflora, Feldlerchen oder auch Feldhasen profitieren. Wegen letzterem wird das Element in der Umgangsprache auch als «Hasengasse» oder «Hasenweizen» bezeichnet.

+ Hochstamm- Feldobstbäume

Hochstamm- Feldobstbäume

Hochstamm-Obstbäume sind schwieriger zu bewirtschaften als die ertragsreichen Niederstamm-Obstbäume. Im Gegenzug bieten sie Vögeln wie dem seltenen Wendehals oder Wiedehopf, aber auch Fledermäusen oder Insekten Lebensraum und Nahrung. Oftmals reifen auf Hochstamm-Obstbäumen alte und seltene Apfel- und Birnensorten heran.

+ Standortgerechte Einzelbäume und Alleen

Standortgerechte Einzelbäume und Alleen

Einzelnstehende einheimische Baumarten wie Eichen, Obstbäume, Linden oder Nadelbäume tragen zum Landschaftsbild bei und fördern zugleich die Biodiversität. Vor allem alte Bäume sind wichtig, da sie häufig Höhlen für Fledermäuse und Vögel bieten. Oftmals sind sie gut von Flechten, Moosen und Pilzen besiedelt.

+ Hecken-, Feld- & Ufergehölze

Hecken-, Feld- & Ufergehölze

Hecken bestehen aus einheimischen Sträuchern wie Früchte- und dornentragende Pflanzen. Sie bieten vielen Tieren Unterschlupf, Nahrung, Schutz auf Wanderung sowie Nistplätze. Hecken sind besonders wertvoll, wenn sie ökologische Flächen miteinander verbinden.

+ Rebfläche mit natürlicher Artenvielfalt

Rebfläche mit natürlicher Artenvielfalt

Reben werden häufig auf Standorten mit hohem biologischem Potential angebaut. Wird der Boden unter und zwischen den Reben begrünt oder schonend bearbeitet, entwickelt sich eine artenreiche Bodenbedeckung. Strukturelementen wie Trockenmauern, Einzelbäume oder Asthaufen erhöhen die Artenvielfalt zusätzlich.

+ Wassergraben, Tümpel, Teiche

Wassergraben, Tümpel, Teiche

Am Wasser ist die Biodiversität häufig sehr hoch. Denn hier treffen mehrere Lebensräume aufeinander: Manche Tiere und Pflanzen leben ausschliesslich im Wasser, andere am Wasserrand und wiederum andere sind auf das Wasser angewiesen, beispielsweise Amphibien oder Libellen für ihre Fortpflanzung.

+ Trockenmauer

Trockenmauer

Trockenmauern bestehen aus Natursteinen und werden ohne Mörtel gebaut. Dadurch finden Reptilien, Insekten, Spinnen und Schnecken genügend Nischen, die als Unterschlupf dienen. Moose und Flechten besiedeln die Steine ebenfalls gerne.

+ Ruderalflächen, Steinhaufen, -wälle

Ruderalflächen, Steinhaufen, -wälle

Steinhaufen speichern Wärme und bieten Reptilien und Kleintieren Unterschlupf und Schutz. Zudem wachsen hier Pflanzen, die sich an anderen Standorten aufgrund des Konkurrenzdrucks nicht entwickeln können. Manchmal werden Steinhaufen von Brombeeren überwachsen und können sich zu Gebüschgruppen entwickeln.

+ Trockenmauer

Asthaufen

Asthaufen können Überwinterungs- und/oder Sonnplätze, Verstecke oder sogar Aufzuchtskammern in einem sein. Sie bieten Lebensraum für Kleintiere wie Wiesel und Hermelin, aber auch für Reptilien, Amphibien oder Totholzbewohner wie Käfer, Bienen oder Ameisen. Besonders wertvoll sind sie als Vernetzungselemente zwischen Biodiversitätsförderflächen.

+ Ruderalflächen, Steinhaufen, -wälle

Rückzugsstreifen

Landwirtinnen und Landwirte lassen bei der Mahd sogenannte Rückzugsstreifen stehen. Diese bieten Rückzugsmöglichkeiten für mobile Arten wie zum Beispiel Heuschrecken und sichern das Blütenangebot für Insekten. Zudem können sich Eier, Raupen oder Puppen ungestört weiterentwickeln.

Es gibt zahlreiche Typen von Biodiversitätsförderflächen. Alle Arten und vertiefte Informationen dazu gibt es auf www.agrinatur.ch

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